Augen zu und durch - ist Durchhalte-Vermögen ein Resilienzfaktor?

"Augen zu und durch!" - Kennen Sie diesen Klassiker? Das war ein Standard Satz meiner Mutter. Sie war überzeugt davon, dass Aufgeben - egal wie schmerzhaft oder unangenehm die Sache war - keine Option ist. Ich hörte diesen Satz, wenn ich in der früh um 6h aufstehen musste (mein Schulweg war über eine Stunde....), wenn ich eine schwere Prüfung vor mir hatte oder wenn es darum ging, meiner besten Freundin eine schlechte Nachricht zu überbringen. Sie können sich vielleicht vorstellen, dass ich von dieser Einstellung nicht immer angetan war - kostete sie doch Zeit, Kraft, Nerven und meistens viel Überwindung. Und dennoch ist Durchhaltevermögen jene Fähigkeit, die uns vermeintlich unerreichbare Ziele erklimmen lässt. Die Frage ist, ob Durchhaltevermögen auch ein Resilienzfaktor ist - also dazu beiträgt, unsere Widerstandsfähigkeit zu stärken. Falls Sie mehr darüber erfahren möchten, was Resilienz genau bedeutet, schauen Sie unbedingt bei diesem Blogbeitrag vorbei. Dort erkläre ich den Begriff genauer. 😊

 

Ist durchhalten nun per se etwas gutes oder eher negativ?

Oft fühlt sich Durchhaltevermögen für uns negativ an, weil wir damit elterliche (An-)forderungen verbinden. Viele unserer Gebote - also wie wir unser Leben zu gestalten haben - werden uns in der Kindheit von den Erwachsenen mitgegeben. Wir dürfen jedoch die gelernten Dinge im Erwachsenenalter hinterfragen. Ich komme bei meiner Arbeit regelmäßig mit diesem Thema in Berührung. Letztens erst hat mir eine Klientin erzählt, dass sie aktuell in einem Job ist, der sie nicht glücklich macht, sie aber nicht wechseln möchte, da ihre Eltern immer wieder sagen, dass sie doch jetzt in dieser unsicheren Zeit nicht ihren sicheren Job kündigen könne. Doch wie sicher ist der Job denn wirklich? Und soll wirklich ihr restliches Leben unglücklich damit verbringen?

 

Ein anderes Beispiel ist der Umgang mit neuen Hobbys. Eine klassische Elternaussage beim Start eines neuen Hobbys wie bspw. Gitarre spielen ist: „Wenn du mit dem Gitarre spielen anfängst, musst du es aber auch durchziehen und zu Ende bringen“. Wie bitte? Ein Hobby ist doch dazu da, dass wir Spaß haben - und nicht wieder etwas zu leisten haben.....All diese Beispiele zeigen die negative Behaftung zu dem Thema Durchhaltevermögen auf. Aus der Kindheit wird uns automatisch mitgegeben, dass wir die Dinge, die wir vielleicht mit der Zeit gar nicht mehr machen möchten, trotzdem durchziehen müssen. Sonst sind wir nicht gut genug oder versagen.

 

Wir Menschen neigen alle dazu, immer gewinnen oder gut vor anderen Personen dastehen zu wollen. Daher ist es ganz natürlich, dass wir alles dafür tun möchten. Leider führt es dann aber auch dazu, dass wir „etwas durchziehen“ sehr oft negativ sehen. Denn wir „müssen“ es ja so machen. Es wird uns von der Gesellschaft so vorgelebt und daran müssen wir uns gefälligst halten. Ich möchte in diesem Beitrag zeigen, dass wir auch positiv an die Sache mit dem Durchhaltevermögen heran gehen können. 

 

Warum Durchhaltevermögen gut ist und wir es positiv sehen dürfen

Wussten Sie, dass resiliente Menschen sich durch Optimismus auszeichnen? Dabei geht es aber nicht um „immer positiv denken“, sondern um die Fähigkeit, das Positive auch in der Krise nicht aus den Augen zu verlieren. Zuerst einmal dürfen wir uns von dem Gedanken verabschieden, dass wir irgendetwas in unserem Leben machen MÜSSEN. Nichts muss, alles darf. Wenn wir uns in einer Situation, einem Job, einem Hobby oder was auch immer nicht wohl fühlen, dürfen wir uns davon verabschieden. Wir müssen es nicht durchziehen, wenn es uns nicht glücklich macht. Dafür dürfen wir uns mit unserer Energie mit Dingen beschäftigen, die uns glücklich machen und die uns positive Energie geben. Denn in diesen Punkten werden wir sehen, dass es so toll sein kann, wenn wir eine Sache durchziehen. Wenn Sie bspw. eine Büroausbildung haben und Tortenbäcker werden möchte, dann dürfen Sie das! Wichtig dabei ist es, dass Sie sich immer auf Ihr Ziel konzentrieren  und alles dafür tun. Denn wenn Sie die Umschulung, Übungen und Kurse dafür durchziehen und sich diese neue Tätigkeit aneignen, werden Sie schneller Ihren Traumjob erreichen, als Sie jetzt vielleicht denken.

 

Nehmen wir die Unbeschwertheit von Kindern her. Es ist egal welche Lebensphase es ist. Ob sie gerade gehen lernen wollen oder Fahrrad fahren. Sie sind von innen heraus so motiviert an ihr Ziel zu kommen, dass sie auch bei Rückschlägen immer wieder aufstehen und weitermachen, bis sie es geschafft haben. Wir als Erwachsene haben diese Leichtigkeit, diese positive Energie gegenüber des Lebens, die unbeschwerte Begeisterung für etwas und die Motivation etwas zu schaffen oft mit der Zeit verlernt. Genau das sollten wir uns aber als Ziel setzen, dort wieder hin zu kommen. 

 

Von Kindern können wir im Erwachsenenalter so viel lernen. Der Hirnforscher Gerald Hüther erklärt, dass Kinder automatisch und ganz von innen heraus entdecken und gestalten wollen. Diese Fähigkeiten haben wir auch im Erwachsenenalter - also die Lust etwas zu Entdecken und zu Gestalten - wir haben diese mit Pflichtgefühl, blindem Gehorsam und gesellschaftlichen Regeln überdeckt. Entdecken und Gestalten - Scheitern - nochmal Probieren - diese Haltung führt zu gelebter Resilienz, womit wir mit Hindernissen besser und gelassener umgehen. Kinder orientieren sich daran, wie hartnäckig ihre Eltern Ziele verfolgen - mehr dazu können Sie hier nachlesen.

 

durchhaltevermögen ist die summe der teile

Wir müssen uns darüber klar werden, dass das Durchhaltevermögen nicht anstrengend oder mit viel Kraftaufwand verbunden ist. Es ist nicht etwas, das nur manche Menschen beherrschen. Durchhaltevermögen ist das Ergebnis mehrerer Resilienzfaktoren, die jeder für sich lernen kann. Wir sollten also damit anfangen uns zu fragen, was es braucht, damit wir uns gerne einer Sache widmen bzw. ein Ziel nachhaltig anstreben? Welche Faktoren beeinflussen unsere Fähigkeit, bei einer Sache begeistert dranzubleiben und uns immer wieder selbst zu motivieren?

 

Für jeden von uns gibt es einen anderen Motivator, um von einer Sache begeistert zu sein. Aber es gibt meiner Meinung nach drei Faktoren, die erfüllt werden dürfen, um unser Durchhaltevermögen anzukurbeln:

1. ein ganz klares Ziel

2. eine subjektive Chance auf Erfolg

3. eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung

 

Ich habe hier schon oft zum Thema "klar definierte Ziele" geschrieben, deshalb halte ich es hier kurz, nur soviel: Wenn ich mir das Ziel nicht vorstellen kann - also den gewünschten Endzustand - dann werde ich nicht losgehen, denn das wäre ja vergeudete Liebesmühe, so schlau ist unser System Körper. Um ein Beispiel von vorhin nochmal aufzugreifen: Wenn ich mich nicht mit einer Gitarre in der Hand, singend in der Gruppe am Lagerfeuer sitzend sehe, weil ich tendenziell unmusikalisch bin, andere Menschen nicht leiden kann und Lagerfeuerromantik nicht meins ist, dann werde ich höchstwahrscheinlich nicht zum nächsten Gitarrenunterricht spazieren. In diesem Fall rechne ich mir also auch keinen großen Erfolg aus - weil ich von mir denke, unmusikalisch zu sein. Das wieder bedeutet, dass ich mich beim Gitarre spielen nicht als wirksam  empfinde - also keine hohe Selbstwirksamkeitserwartung habe. 

 

Menschen mit einer hohen Selbstwirksamkeitserwartung haben die Idee, dass sie für das angestrebte Ziel genügend Fähigkeiten mitbringen. Der Marathonläufer ist von seiner Muskelkraft und seiner körperlichen Ausdauer überzeugt, er hat die Erwartung an sich selbst, dass er diesen Marathon bis zum Ziel laufen kann. Das ist eine enormer mentaler Erfolgsfaktor. Mit einer hohen Selbstwirksamkeitserwartung habe ich auch die Überzeugung, Probleme zu lösen und lasse mich von Misserfolgen nicht so schnell zurückwerfen - ich resigniere also nicht gleich sondern habe Lust, einen anderen, neuen Weg zum Ziel einzuschlagen. 

 

Vielleicht eins noch zum Schluss: mit einem hohen Durchhaltevermögen haben wir nicht die Idee, dass es eine Welt ohne Probleme gibt. Ganz im Gegenteil. Wir gehen in die Akzeptanz - es gibt keine Welt ohne Probleme und Hindernisse - die Frage ist eher: wie möchte ich damit umgehen? Wegschauen oder akzeptieren? Resignieren oder lösen?

 

Wenn Sie sich jetzt vielleicht denken, dass sich das alles super und stimmig für Sie anhört, Sie allerdings nicht genau wissen, wie Sie das selbst für sich lernen können, dann lade ich Sie hiermit herzlich zu meinem Lehrgang zum Thema Widerstandfähigkeit & Resilienz ein. Hier geht´s zu den Detailinfos: Diplomlehrgang Resillienztrainer*in/zertifizierte Fachtrainer*in 2023/2024. Ich freue mich auf Sie! 

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